Der eCall-Notruf ist seit April Pflicht

Kreis Euskirchen. Neue Automodelle mit erstmaliger EU-Typengenehmigung müssen seit 31. März 2018 mit eCall ausgerüstet sein. Wenn der Fahrer nach einem Unfall nicht selbst Hilfe rufen kann, übernimmt der automatische Notruf. Dafür wurden auch in der Leitstelle des Kreises Euskirchen die technischen Voraussetzungen geschaffen, um die übermittelten Datenpakete zu empfangen.

Welchen Nutzen hat eCall?

Gerade bei schweren Unfällen, wenn jede Sekunde zählt, kann eCall wichtige Zeit sparen, so die EU-Kommission. Sie schätzt, dass Rettungskräfte durch eCall um bis zur Hälfte schneller am Unfallort sein werden als bislang. Dadurch könnten sie pro Jahr in ganz Europa 2.500 Menschenleben retten.
Außerdem kommt es an ungesicherten Unfallstellen oft zu Folgeunfällen und langen Staus. Diese Folgen sollen durch eCall ebenfalls verringert werden, da der Unfallort schneller abgesichert werden kann. Die EU schreibt eCall für alle neuen Pkw und leichten Nutzfahrzeuge serienmäßig vor.

Wie funktioniert eCall?

Der Notrufdienst funktioniert europaweit gleich: eCall nutzt Mobilfunk und Satellitenortung, um nach einem Unfall aus dem Auto heraus (automatisch oder manuell) eine Telefonverbindung zur einheitlichen Rufnummer 112 der nächstgelegenen Rettungsleitstelle herzustellen. Zusätzlich zur Sprachverbindung überträgt das im Fahrzeug montierte eCall-System Informationen zum Unfallort, zur Art der Auslösung und zum Fahrzeug.

Kommt es zu einem schweren Autounfall, bei dem die Airbags auslösen, sendet das System automatisch einen Notruf ab. Bei Parkremplern passiert dagegen nichts. Das Notrufsystem kann aber auch bei einem dringenden medizinischen Problem manuell ausgelöst werden, z. B. bei einer Herzattacke: Fahrer, Mitfahrer oder auch Helfer können den SOS-Notruf-Knopf drücken.

In beiden Fällen wird eine Sprachverbindung zwischen Fahrzeug und der Notrufnummer 112 aufgebaut. So können weitere Unfalldetails durchgegeben werden, falls die Insassen ansprechbar sind.

Was benötigt das neue Notrufsystem?

eCall benötigt Empfänger für GPS- und Galileo-Ortungsdaten, eine Mobilfunkantenne, ein Steuergerät mit fest verbauter SIM-Karte, eine Verbindung zum Airbag-Steuergerät und eine Freisprechanlage. Idealerweise verfügt das System auch über eine Pannenruf-Taste, damit bei rein technischen Defekten nicht die 112-Zentralen belastet werden.

Welche Daten werden übermittelt?

Wird ein Notruf automatisch oder manuell abgesetzt, erreichen folgende Daten die Rettungsleitstelle:

-    Zeitpunkt des Unfalls
-    Auslöseart: manuell oder automatisch
-    die 17-stellige Fahrzeugidentifizierungsnummer (FIN)
-    Antriebsart (z. B. Benzin, Diesel, Gas, Elektro) und Fahrzeugklasse
-    Fahrzeugposition
-    die letzten zwei Fahrzeugpositionen (Längen- und Breitengradunterschiede in Bezug zur aktuellen Fahrzeugposition)
-    Fahrtrichtung des Autos
-    Anzahl der Insassen (sofern die Sicherheitsgurte angelegt wurden)
-    optionale Zusatzdaten (nicht festgelegt; können beispielsweise eine (IP-)Adresse enthalten, unter der weitere relevante Daten oder Funktionen abrufbar sind)

Kann eCall deaktiviert werden?

Es ist nicht vorgesehen und für einen Laien voraussichtlich auch nicht möglich, das bordeigene eCall-System zu deaktivieren. Denn der eCall ist technisch oft tief im Infotainment-System verankert und verfügt nicht unbedingt über ein separates Steuergerät. Er ist bei neuen Fahrzeugmodellen Bestandteil der Typzulassungsprüfung.
Wird aus dem Fahrzeug etwas entfernt, das Bestandteil der Typzulassung war (wie Katalysator, ABS oder auch eCall), so verliert es die Betriebserlaubnis im öffentlichen Straßenverkehr. Bei einem Unfall riskiert man den Versicherungsschutz, und bei einer Hauptuntersuchung könnte die Plakette verwehrt werden.

Kann eCall nachgerüstet werden?

Fahrer eines Gebrauchtwagens sind nicht verpflichtet, das Notrufsystem ins Auto einbauen zu lassen. Bisher sind noch keine Nachrüstsysteme bekannt, die über die gesamte eCall-Funktionalität verfügen. Einige deutsche Versicherer bieten den Unfallmeldedienst (UMD) an, der nach einem Unfall einen automatischen Notruf zu einer Telefonzentrale der Versicherer ausführt – per Bluetooth via Mobiltelefon des Fahrers.

Wie sind die Rettungsleitstellen ausgerüstet?

Die 112-Rettungsleitstellen müssen technisch aufgerüstet werden, damit sie den eCall-Mindestdatensatz (MSD) empfangen, auslesen und interpretieren können. Dafür sind nach unserer Einschätzung primär Softwareänderungen notwendig.

Dazu Martin Fehrmann, der Leiter der Leitstelle im Kreis Euskirchen: „Bereits 2017 haben wir die technischen Voraussetzungen in Form einer Schnittstelle in den Einsatzleitrechner geschaffen“. Bislang seien über das System aber kaum Meldungen eingegangen. Häufiger würden hingegen Notrufe von Service-Provider der Automobilhersteller bei den Disponenten auflaufen.

(Quelle: u. a. ADAC Deutschland)

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